Die etwa drei Zentimeter spannenden Falter sind zimtbraun mit der für Bläulinge so typischen Fleckzeichnung auf der Unterseite. Auf der Oberseite zeigen nur die Männchen eine schwarzblaue Färbung. Die Tiere verbringen die überwiegende Zeit ihres etwa 20 Tage dauernden Falterlebens auf den Blüten des Großen Wiesenknopfes. Hier saugen sie Nektar, hier schlafen sie und hier paaren sie sich, im Zeitraum von Ende Juli bis Mitte August. Die Weibchen plazieren die tortenförmigen Eier in die Blütenköpfe aufgeblühter hoher Pflanzenexemplare.
Die farblich vorzüglich an die Blüte angepaßten Räupchen, zu Beginn nur zwei Millimeter lang, befressen zunächst die Blüte, später leben sie verborgen in der Frucht eingebohrt. Nach der dritten Häutung ist die Gestalt der drei Millimeter großen Raupe völlig verändert, nämlich asselförmig, mit Honigduftdrüsen und Honigdrüsen versehen. Etwa zu Anfang September verläßt die Raupe die Pflanze und sucht die Laufstraße ihrer Todfeinde, der Rotgelben Knotenameisen (Myrmica rubra), um sich von ihnen finden und in den Ameisenbau schleppen zu lassen.
Den Winter verbringt die Raupe im Ameisenbau, geschützt und gefüttert auch mit Ameisenbrut. Als Gegenleistung zapfen die Ameisen geringe Mengen Zuckersaft von der Raupe, der für ihre Ernährung allerdings ohne Bedeutung ist, eher den Rang eines Genußmittels einnimmt. Die Puppen des Schwarzen Moorbläulings haben für alle Fälle noch Honigduftdrüsen. Mit welchem Trick der Ende Juli schlüpfende Falter seinem räuberischen Pflegepersonal entkommt, ist nicht völlig geklärt.
Die Holzmindener Population
Ansiedelung
Bei Holzminden wurde der Schwarze Moorbläuling früher auf den Weserwiesen gefunden, war aber inzwischen ausgestorben. 1990 startete der Diplom-Biologe Ulrich Lobenstein, der im Auftrage des Landesamtes für Ökologie die Bestandssituation ermittelt und Schutzmaßnahmen vorschlägt, eine künstliche Ansiedlung. Dazu wurden an dem gut geeigneten Forster Damm zwischen Holzminden und Allersheim an einer Anzahl von Wiesenknopfpflanzen Eier ausgesetzt, die vom Biotop bei Hannover-Laatzen stammten.
Die Umsetzung von Eiern ist am wenigsten bedenklich, da sie um ein Vielfaches häufiger sind als die Falter, den Transport besser überstehen und gleich an den besten Stellen ausgesetzt werden können (während ausgesetzte Weibchen in die falsche Richtung weiter fliegen könnten).
Nach der Ansiedlungsaktion wurden 1991 zunächst keine Falter gefunden, dennoch war die Ansiedlung geglückt. Die Jahre 1992 bis 1996 genügten, um eine umfangreiche Population aufzubauen. Im August 1996 konnten 43 Falter gezählt werden, hauptsächlich am Damm, vereinzelt auf der gegenüberliegenden Wiese sowie am Graben und auf der Wiese an der Straße "Im Niederen Felde".
Bau der Nordumgehung
Im Frühjahr 1996 wurde das Habitat durch den Bau der Nordumgehung zerteilt und stark beeinträchtigt. Im Zuge der Bauarbeiten wurde Erdmaterial aus der Aue aufgeschüttet und offenbar mengenweise Samen an die Oberfläche befördert, der auf den Erdhaufen zur Ausbildung von Wiesenknopf-Beständen führte. Andererseits wurden vorhandene Wiesenknopfbestände überbaut oder unter Baumaterialien begraben.
Ende Juli 1997 wurde die Böschung des Forster Dammes planiert, um den Fahrradweg unter der Brücke hindurchzuführen. Durch diese Eingriffe hat das Vorkommen des Bläulings stark gelitten. Die Bestandserhebung im Jahr 1998 ergab, daß die Population gegenüber dem Vorjahr um etwa ein Viertel abgenommen hatte.
Zeitpunkt der Wiesenmahd
Demgegenüber hatte sich 1997 die Teilpopulation auf der Feuchtwiese entlang der Straße "Im Niederen Felde" vergrößert. Aber obwohl der Falter dort sowohl den Großen Wiesenknopf als auch die Rotgelben Knotenameisen antrifft, kann dieser Bereich für ihn trotzdem zu einer tödlichen Falle werden. Denn wird die Wiese zum falschen Zeitpunkt gemäht, werden sämtliche auf den gemähten Pflanzen vorhandenen Entwicklungsstadien (Eier und Raupen) vernichtet, und der Falter stirbt auch hier aus.
Erfreulicherweise konnte mit dem Pächter vereinbart werden, daß der Teil mit dem größten Bestand des Großen Wiesenknopfes zwischen Ende Mai und Ende September 1997 nicht gemäht werden sollte. Leider erfolgte im Jahr darauf die Mahd dennoch Ende Juni, und die Suche nach dem Bläuling war Mitte Juli 1998 erfolglos. Erst in der zweiten Julihälfte waren durch schnellen Neuaustrieb des Wiesenknopfes wenigstens kleine Blütenknospen gebildet worden und Nebensprossen nachgewachsen. Diese wurden von den nun schlüpfenden Bläulingen akzeptiert, während alle zuvor geschlüpften Falter abgewandert waren.
Im August 1998 beantragte die Kreisgruppe Holzminden e.V. im Naturschutzbund Deutschland (NABU) bei der Stadt Holzminden als Eigentümerin der Fläche, dem NABU die Wiese zu verpachten. Immerhin gehört ein Flurstück als seggen-, binsen- und hochstaudenreiche Naßwiese teilweise zu den nach § 28 a des Niedersächsischen Naturschutzgesetzes (NNatG) besonders geschützten Biotopen, zwei andere Flurstücke sind nach § 28 b NNatG besonders geschütztes Feuchtgrünland.
Die Stadt sah jedoch keine Veranlassung, die Verantwortung für die Wiese dem NABU zu übertragen, da der bisherige Pächter inzwischen zugesichert hatte, die Wiese zukünftig keinesfalls in der Zeit von Ende Mai bis Ende September zu mähen. Zum Glück erklärte sich ein anderer Eigentümer bereit, den Bereich der Wiese mit dem höchsten Wiesenknopfbestand in einer Größe von rund 2800 m2 für einen symbolischen Preis an den NABU zu verpachten.
Wie geht es weiter?
Allerdings ist die Individuenzahl der beiden Nachbarbiotope Feuchtwiese und Forster Damm von zusammen über 80 Exemplaren 1997 auf nur noch rund 40 Exemplare im Jahre 1998 geschrumpft. Eine Fortsetzung dieses Trends würde bedeuten, daß die Population innerhalb der nächsten drei Jahre erlischt. Doch zeigt der Bläuling entgegen aller Eingriffe in seine Holzmindener Biotope eine erstaunliche Vitalität und Flexibilität. Auch nach den 35 Jahren seiner Verschollenheit scheinen die regionalklimatischen und naturräumlichen Gegebenheiten der Weseraue für den Bläuling immer noch ausgesprochen günstig zu sein.
Im Oktober 1998 und im April 1999 wurde zwischen Vertretern der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Holzminden, der Stadt Holzminden, der Universität-Gesamthochschule in Höxter, des Niedersächsichen Landesamtes für Ökologie in Hildesheim und des Naturschutzbundes Holzminden Absprachen getroffen, um die Lebensräume des Schwarzen Moorbläulings am Forster Damm, dem Dammbruchgraben, auf der Feuchtwiese "Im Niederen Felde" sowie auf weiteren Flächen im Süden der Stadt Holzminden zu erhalten und wirksam zu schützen sowie die weitere Ausbreitung des seltenen Falters zu fördern.
Vielleicht ist dies der Beginn eines Programms, das den Moorbläuling als Charakterart naturnaher Auenwiesen in den Mittelpunkt der Bemühungen rückt. Nichts könnte die notwendige Erhaltung der früheren, blumenbunten Weserwiesen der Stadt Holzminden besser veranschaulichen als ein europaweit vom Aussterben bedrohter, ökologisch äußerst interessanter Tagfalter, der zum Naturreichtum und Naturerleben, das heißt auch zum Wohnwert der Stadt für naturliebende Menschen einen ganz besonderen Beitrag leistet.
Quellen: GRIES, Norbert: Aus dem trickreichen Leben des Schwarzblauen Bläulings. In: Naturspiegel 3 (1993), S. 19 - 20. NABU Krefeld ViersenLOBENSTEIN, Ulrich: Bestand und Schutz des Schwarzen Moorbläulings (Maculinea nausithous) in seinen niedersächsichen Fluggebieten Laatzen und Holzminden. Unveröff. Auftragsarbeiten für das Niedersächs. Landesamt für Ökologie Hildesheim. 1996 - 1998.SETTELE, Josef & GEIßLER, Sabine: Schutz des vom Aussterben bedrohten Blauschwarzen Moorbläulings durch Brachenerhalt, Grabenpflege und Biotopverbund im Filderraum. In: Natur und Landschaft 63.Jg. (1988), Heft 11.